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Rechtsanwalt Michael Terhaag
Die zunehmende Verbreitung des Internets ist, nachdem es zunächst nur als
Informationsmedium diente, durch eine parallel fortschreitende kommerzielle
Nutzung geprägt. Grundsätzlich soll derjenige, der von den Vorteilen eines
Marktes profitiert, sich an der Aufbringung der zur Erhaltung dieses Marktes
erforderlichen Mittel durch Zahlung von Steuern beteiligen
(Marktteilnahmegedanke). Mit anderen Worten, überall dort wo Geld fließt, möchte
auch der Fiskus ein Stück vom Kuchen.
Aus diesem Blickwinkel ergeben sich bei der Nutzung von Internet und
Onlinediensten in erster Linie ertrags- sowie umsatzsteuerliche Konsequenzen,
aber auch contrafiskalische Gestaltungsmöglichkeiten. Anknüpfungspunkt ist
jeweils der Begriff des Inlands, d.h. die Bindung des Steuerpflichtigen zum
Steuerberechtigten. Das scheinbare Fehlen einer solch konkretisierenden
Beziehung, und eine daraus resultierende Steuerfreiheit, im globalen Medium
Internet ist ein Trugschluss.
Im Rahmen der Einkommens- und Körperschaftssteuer bedarf es einer persönlichen oder sachlichen Beziehung zwischen Steuersubjekt und dem fraglichen Staat.
Die entsprechende persönliche Bindung begründet sich bei natürlichen Personen
aus dem Wohnsitz oder dem Ort des gewöhnlichen Aufhalts, bei juristischen
Personen aus dem Geschäftssitz oder deren Ort der Geschäftsleitung. Der Staat,
in dem der Steuerpflichtige diese Voraussetzung erfüllt, besteuert grundsätzlich
das gesamte Einkommen des Betroffenen, egal, wo oder wie dieser es
erwirtschaftet (unbeschränkte Steuerpflicht).
Besteht demgegenüber lediglich eine enge sachliche Verbindung zu einem Staat,
etwa deshalb, weil dort eine Betriebsstätte unterhalten wird, so gibt der Staat
sich mit der Besteuerung der daraus erzielten Betriebseinkünfte zufrieden
(beschränkte Steuerpflicht).
Hat z.B. ein in Deutschland ansässiges Unternehmen eine Betriebsstätte in
England, so müsste es Einnahmen aus dieser grundsätzlich sowohl hier, als auch
dort versteuern. Zur Vermeidung einer solchen doppelten Besteuerung hat die
Bundesrepublik mit einer Vielzahl von Nationen Doppelbesteuerungsabkommen (DBA)
abgeschlossen. Hierdurch wird entweder das Unternehmen von der inländischen
Steuern entsprechend freigestellt oder die ausländischen Abgaben werden auf die
inländischen angerechnet, so dass es im Ergebnis nur zu einer einmaligen
Besteuerung kommt.
Soviel zum Grundsätzlichen. Aber welche Rolle spielt hier das Internet? Das
„WWW“ ist nicht so virtuell, wie es gerne dargestellt wird. Seine Inhalte sind
recht bodenständig auf verschiedenen Servern über der ganzen Welt verteilt. Wer
normalerweise Einkünfte über eine Betriebsstätte in einem Billig- oder
Niedrigsteuerland erzielen möchte, muss hierzu erhebliche finanzielle
Aufwendungen in Kauf nehmen. Anders sähe es allerdings aus, wenn auch schon ein
Internet-Server eine Betriebsstätte im steuerrechtlichen Sinn ist. Ein solcher
ist grundsätzlich schnell und vor allem kostengünstig in X oder auf den Antillen
installiert.
Ob ein Server als solcher bereits eine Betriebsstätte darstellt, ist heftig umstritten. Grundsätzlich muss er hierzu als feste Geschäftseinrichtung, von der aus eine Tätigkeit des Gesamtunternehmens ausgeübt wird, zu qualifizieren sein.
Eine feste Geschäftseinrichtung bestimmt sich durch Körperlichkeit, welche
geeignet ist Grundlage einer Unternehmenstätigkeit zu sein und räumlichen Bezug
zu einem bestimmten Punkt der Erdoberfläche, welcher dazu auf eine gewisse Dauer
angelegt ist.
Der als Server dienende Computer ist körperlicher Gegenstand und Grundlage einer
(heutzutage fast jeder) unternehmerischen Tätigkeit. Da regelmäßig fest
installiert, erfüllt ein Server auch die räumliche und zeitliche Voraussetzung.
Ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal einer Betriebsstätte ist darüber hinaus, dass
das Unternehmen über die Geschäftseinrichtung eine eigene, nicht nur
vorübergehende Verfügungsmacht ausübt. Diese sollte bei einem ausschließlich vom
Unternehmen genutzten Server gegeben sein. Fraglich ist allerdings, ob eine
solche Verfügungsmacht besteht, wenn man lediglich Platz auf einem von mehreren
Unternehmen genutzten Computer anmietet. Es besteht jedoch kein Anlas dafür
diese Konstellation anders, als ein Mietverhältnis über Räumlichkeiten zu
beurteilen. Hierbei reicht es aus, wenn ein Nutzungsrecht vereinbart wird,
welches andere von einem Gebrauch ausschließt. Das kann hinsichtlich eines
Servers sowohl vertraglich, als auch softwaregesteuert, gewährleistet werden.
Eine ausreichende Verfügungsmacht des Unternehmens und damit eine feste
Geschäftseinrichtung ist im Ergebnis daher zu bejahen.
Problematisch ist vielmehr, ob diese Geschäftseinrichtung dazu bestimmt ist,
dem Unternehmenszweck unmittelbar zu dienen. Hierzu ist eine Tätigkeit
erforderlich, die i.d.R. durch Personal ausgeübt werden muss. Dies mag auf den
ersten Blick bezweifelt werden, wenn auf dem Internet-Server lediglich Ware
angeboten und von dem Kunden bestellt und/oder runtergeladen wird. Tätig wird
hierbei lediglich der Kunde und nicht der Unternehmer.
Allerdings ist für den automatisierten Vertragsschluss zuvor umfangreiche
Programmierungsarbeit des Unternehmers nötig. Darüber hinaus erfordert ein
funktionierendes Onlineangebot ständige Wartung und Pflege. Bei diesen Arbeiten
handelt es sich auch nicht um bloße Hilfstätigkeiten oder Tätigkeiten
vorbereitender Art. Dies ergibt sich aus einer zweckmäßigen Analogie zur
Rechtsprechung bezüglich von Verkaufsautomaten. Eine solche Einrichtung soll
eine Betriebsstätte begründen, wenn die Tätigkeit des Unternehmens über die
bloße Ausstellung hinausgeht und im wesentlichen aus dem Verkauf der Ware
besteht. Gleiches muss wohl auch für das Aufstellen eines Internet-Servers
gelten, da die Arbeit des Servers im Bereich des E-Commerce sich nicht auf die
bloße Werbung für die Produkte beschränkt, sondern vielmehr deren Vertrieb
(Vertragsschluss) und im Fall von Software sogar um deren Lieferung (Download)
ausführt. Die Tätigkeit daher über eine solche vorbereitender Art deutlich
hinausgeht.
Um ganz sicher zu gehen, wird man jedoch voraussetzen müssen, dass oben
beschriebene Programmierungs-, Pflege-, und Wartungsarbeiten zumindest von einem
oder zwei eigenverantwortlich und maßgeblich zum Ergebnis beitragenden
Mitarbeitern vor Ort, d.h. am Standort des Servers und nicht aus Deutschland,
durchgeführt werden.
Geht man mit den dargestellten Erfordernissen davon aus, dass ein „betreuter“ Server steuerlich eine Betriebsstätte begründen kann, bieten sich durch die richtige Wahl Landes Gestaltungsmöglichkeiten zur legalen Steuerminimierung. Wobei allerdings darauf hinzuweisen ist, dass höchstrichterliche Entscheidungen zu diesem Themengebiet bisher nicht ergangen sind und langfristig damit zu rechnen ist, dass der Gesetzgeber entsprechend reagieren wird.
Die einzelnen Einkünfte, die durch eine Präsenz oder einen virtuellen Shop im Internet erwirtschaftet werden unterscheiden sich nicht von den Einkünften der realen Welt. Egal Webdesign oder Werbebanner, diesbezügliche Einnahmen sind unproblematisch in eine der sieben im Einkommensteuergesetz (wohl zumeist solche aus Gewerbebetrieb) normierten Einkunftsarten einzuordnen.
Welche Vorgänge des Wirtschaftsverkehrs der Mehrwertsteuer unterworfen sind, bestimmt grundsätzlich § 1 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetz (UStG). Hiernach sind Lieferungen und sonstige Leistungen, die ein Unternehmer im Rahmen seines Unternehmens im Inland entgeltlich erbringt, umsatzsteuerpflichtig. Während die Unternehmereigenschaft (selbständig, nachhaltig und mit Einnahmenerzielungsabsicht) in diesem Zusammenhang keinerlei Probleme aufwirft, stellt sich auch im Umsatzsteuerrecht im Wesentlichen die Frage, wie und wo Leistungen über das Internet erbracht werden.
Die für den Leistungsbegriff erforderliche Abgrenzung zwischen Lieferung und
sonstiger Leistung ist von großer Bedeutung für weitere Beurteilung eines
umsatzsteuerlichen Vorgangs. Sie hat Einfluss auf Ort und Zeitpunkt der
Leistungserbringung, die Anwendung der Befreiungsvorschriften, die Höhe des
Steuersatzes sowie das technische Besteuerungsverfahren.
Lieferung bedeutet die Verschaffung der Verfügungsmacht über einen körperlichen
Gegenstand, aber auch von Güter, die wie Waren gehandelt werden, z.B. der
elektrische Strom oder Geschäftswerte. Sonstige Leistung ist jeder Vorgang der
nicht Lieferung ist, d.h. entweder nicht die dargestellte Verschaffung der
Verfügungsmacht zum Zweck hat oder Kraft Definition nicht zu den Lieferungen
gerechnet wird. Hierunter versteht man typischerweise die Erbringung von
Dienstleistungen, die Nutzungsüberlassung und die Einräumung, Übertragung und
Wahrnehmung von Rechten.
Die Überlassung von Software auf dem elektronischen Weg stellt grundsätzlich
keine Lieferung, sondern eine Dienstleistung dar. Dies gilt unabhängig davon, ob
es sich um allgemeine Standardsoftware oder Individualsoftware handelt.
Wird dagegen via Internet lediglich Standardsoftware gekauft und diese auf einem
Datenträger (z.B. Diskette, CD-Rom) übersandt, stellt dies –wie jeder
Versandhandel– nach wie vor eine Lieferung dar.
Gemäß § 1 Abs. 1 UStG unterliegen nur die im Inland ausgeführten Leistungen der deutschen Umsatzsteuer. Für den Ort der Leistung ist –wie erläutert- zwischen dem bloßen Versand von Datenträgern oder anderen Waren auf konventionellem Wege (Lieferung) und dem Download von Software auf dem elektronischen Wege des Internets (sonstige Leistung) zu unterscheiden.
Seit 1997 unterscheidet das UStG hinsichtlich der Lieferorte zwischen warenbewegter und nicht warenbewegter Lieferung. Bei dem Kauf oder der Bestellung von (Hard-) Waren (wie zum Beispiel Schallplatten, Bücher, hier aber auch CD-ROMs oder Disketten) über das Medium Internet und der notwendigen konventionellen Auslieferung handelt es sich umsatzsteuerrechtlich um ganz normalen Versandhandel in Form von warenbewegten Lieferungen. Nach der neuen Regelung des § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG gilt die Leistung als dort ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung an den Abnehmer beginnt. Hiernach ist der Standort des versendenden Warenlagers und nicht etwa des Internet-Servers, bei dem bestellt wurde, entscheidend. Da es sich daher nicht um Internet spezifisches Recht handelt, kann insofern auf allgemeine Aufsätze verwiesen werden
Eine sonstige Leistung gilt grundsätzlich an dem Ort ausgeführt, von dem aus
der leistende Unternehmer sein Unternehmen betreibt (Unternehmerortprinzip).
Dies ist in der Regel der Sitz, gegebenenfalls jedoch auch eine Betriebsstätte
(wobei auf oben im Rahmen der Ertragssteuern erläuterten Voraussetzungen
verwiesen werden kann).
Bei der Überlassung von Software auf elektronischen Weg handelt es sich um
sonstige Leistungen i.S.d. § 3a Abs. 4 UStG. Abweichend vom genannten Prinzip
bestimmt sich der Leistungsort nach § 3a Abs. 3 UStG, wenn an einen Unternehmer
(und zwar unabhängig von dessen Sitz) oder an eine Privatperson mit Wohnsitz in
einem Drittland - also weder Inland noch übriges Gebiet der EG- geleistet wird,
nach dessen Sitz oder Wohnsitz (Empfängerortsprinzip). Für die Beurteilung des
Leistungsortes und damit der deutschen Steuerpflicht ergeben sich nach
derzeitigem nationalen Recht folgende Konstellationen:
Bitte beachten Sie unbedingt die
Der allgemeine Steuersatz auf Leistungen im Sinne der Umsatzsteuer beträgt
nach § 12 Abs. 1 UStG derzeit 16%. Dem ermäßigten Steuersatz von 7% unterliegen
die in § 12 Abs. 2 UStG Abschließend aufgezählten Umsätze, zu denen nach Nr. 7c)
auch die Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung von Rechten zählt, die sich aus
dem Urhebergesetz ergeben. Die Einräumung der Gebrauchsmöglichkeit von
urheberrechtlich geschützten Werken ist wohl nicht als die Übertragung von
Urheberrechten zu bewerten, da gerade diese Rechte bei dem Hersteller verbleiben
sollen. Die Überlassung von Standardsoftware über das Internet oder andere
elektronische Netzte unterliegt daher auch nach Auffassung des Bundesfinanzhofes
dem vollen Regelsteuersatz nach § 12 Abs. 1 UStG. Hinsichtlich einer den
Bedürfnissen des Kunden konkret angepassten Individualsoftware steht eine
höchstrichterliche Beurteilung noch aus. Es spricht jedoch einiges dafür, dass,
bei Übertragung der Urheber- und Verwertungsrechte ausschließlich auf den
Verwender, die Vorschrift des
§ 12 Abs. 2 Nr. 7 c) UStG und damit der ermäßigte Steuersatz Anwendung finden
wird. Hierbei wird es auf eine Beurteilung im Einzelfall ankommen.
D. Vorsteuerabzug; Ausweis der Umsatzsteuer
Wird die Leistung von einem Unternehmer bezogen, der seinerseits
umsatzsteuerpflichtige Leistungen erbringt, kann dieser die in Rechnung
gestellte Umsatzsteuer als Vorsteuer abziehen und ist insofern nicht steuerlich
belastet. Voraussetzung hierfür ist jedoch eine Rechnung mit gesondert
ausgewiesener (Mehrwert-) Steuer. Dies gilt grundsätzlich auch für Leistungen
aus dem Internet. Anbieter, die hier tätig sind, möchten alle Arbeitsvorgänge
über dieses Medium abwickeln. So liegt es nahe, auch Rechnungen per Email zu
verschicken. Dem Finanzamt müssen jedoch Rechnungen in Urkundsform vorgelegt
werden. Nachrichten, die per Email verschickt fehlt jedoch eine
Urkundenqualität. Nach Ansicht des Bundesfinanzministeriums soll es zwar möglich
sein, Rechnungen auf elektronischen Wege zu verschicken, sie seien aber in
schriftlicher (Brief-) Form nachzusenden. Hierdurch fällt jedoch die günstige
Kostenfolge der Email weg. So kann Anbietern, die die kostengünstige Möglichkeit
des Rechnungsversands nutzen möchten, nur geraten werden, von Zeit zu Zeit (etwa
halbjährig) eine Sammelrechnung auf herkömmlichen Weg - z.T. abfällig als
„snailmail“ (Schneckenpost)- bezeichnet nachzusenden.
Natürlich sind über das Internet erhaltene Waren mittels entsprechender
Rechnung wie gewöhnlich als Werbungskosten oder Betriebsausgaben anzusetzen.
Dies gilt aber darüber hinaus auch durch die Internetnutzung selbst entstehenden
Kosten.
Quelle: netlaw.de
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