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20. Sichtung - Die Niederländer

Wichtig war ihnen eigentlich nicht Portugal, das hätten sie geringfügig anders auch in Holland haben können. Sie nahmen ja nichts von Portugal mit, sondern versuchten nur, anderes in Bekanntes einzuordnen. Das Exotische mußte dann das Urlaubsvideo in der guten Stube zu Hause liefern. Aber da war es dann nicht mehr interessant. Man hatte doch Wichtigeres zu tun.

Den Urlaubsplatz dem Vorgarten anzugleichen, zum Beispiel. Portugal war nicht wichtig. Es waren die Mitreisenden des Konvois, die man beeindrucken mußte. Seine persönliche Position innerhalb der Rotte festigen. Der Ankauf des SAT-Spiegels zeigt das ja ganz deutlich. Und es entstehen Spannungen. Die Pädagogik faßt das auch zusammen. Unter Gruppendynamik. Und versucht sie umzulenken, die Dynamik. Also was an sich Falsches zu verbiegen. Ich sage, falsch bleibt falsch. "Nun, man braucht ja Ziele." Die wahren Starken einer Rotte sind immer die Einzelgänger. Die Wölfe, die, dann wenn es dem Rudel schlecht geht, zurückkehren und freiwillig die Führung übernehmen – helfen (siehe Solon). Kaum ist die Klippe überwunden, werden sie wieder verbissen, diese Kräftigen. Sind sie doch ein Störfaktor mit ihrer Macht, ihrer Stärke.

Ermöglichen sie doch nicht die Bildung von Seilschaften, Hilfsgemeinschaften wider das Rudel. Zerstören sie doch Intrigen, indem sie jenen einfach die kalte Schulter zeigen. Sie sind, das ist Affront genug. Ein Angriff auf die Liederlichkeit des Lebens, der Sippschaft, die ihren Zaun braucht –um den Vorgarten.
Hat sie ihn nicht, den Zaun, gerät sie außer Rand und Band. Und sei der Zaun nur ihr Imponiergehabe, ihre ständigen widerlichen Positionskämpfe um den Futternapf. Der so verächtlich bezeichnete Streuner benötigt es nicht, das Rudel. Er findet sein Mahl, reichlich und im Überfluß. Engt ihn doch der Zaun, der Horizont der Masse, nicht ein, auf seinem Beutegang.

Nein, er benötigt ihn nicht, den Futternapf, den die Rudelführer gekonnt zur Belohnung oder Bestrafung mit den anderen teilen, um Macht und Einfluß zu erhalten.

Er ist der Einzelkämpfer, der einsame Wolf, dessen Wohnwagen zum Beispiel der zerlumpteste ist, weil er doch so faul ist und Fische am Holzkohlen - Grill macht, während die anderen das saubere Propangas zum Grillen verwenden. Jener, der nur mit zwei Badehosen und drei T-Shirts auf Urlaub gefahren ist.

Da kommt man ja richtig in Verruf, wenn er ohne Jackett in die Strandbar geht. Neben so einem soll man dann sitzen? Das kann doch nicht wahr sein.

Sehen sie, und dann wird getuschelt und intrigiert. Das Volk hat sein Spiel, die Intrige. Der Einsame ist dann klug genug, seine Wege zu gehen, sich zu entziehen, dem Lebensspiel der Zeitverschwender. Der Jackettierer und Demonstrierer – der Gerechtigkeit willen, nicht der Wahrheit wegen. Er kann ohnehin nur verlieren, am meisten Zeit, am wenigsten Ansehen.

Meist ist es ihm nicht wert, diese Kritik anzunehmen. Sein Ziel ist einfach ein anderes, ferneres, für die dynamisch Strandball spielende Gruppe unbegreiflich und meist auch unerreichbar.

Und abends sitzt er dann am Strand und heult den Mond an, der einsame, dumme alte Wolf.

Entschuldigen Sie bitte diesen Ausflug ins Tierreich. Ich habe einfach festgestellt, daß das Gruppenverhalten des besten Freundes des Menschen ähnlich abläuft wie das der Menschen. Deswegen ist er ja auch gut Freund, der Hund.

 

Der höhere Frieden

Wenn sich auf des Krieges Donnerwagen
Menschen waffnen, auf der Zwietracht Ruf,
Menschen, die im Busen Herzen tragen,
Herzen, die der Gott der Liebe schuf:

Denk ich, können sie doch mir nichts rauben,
Nicht den Frieden, der sich selbst bewährt,
Nicht die Unschuld, nicht an Gott den Glauben,
Der dem Hasse wie dem Schrecken wehrt;

Nicht des Ahorns dunklem Schatten wehren,
Daß er mich im Weizenfeld erquickt,
Und das Lied der Nachtigall nicht stören,
Die den stillen Busen mir entzückt.

Heinrich von Kleist(1777 - 1811)
 


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